Rundgänge
Die Rundgänge des Vermittlungsprojekts "denk mal wien" beschäftigen sich mit vier verschiedenen Themen: "Wir sind HeldInnen", "Republik und Demokratie", "'Wir' und die 'anderen'" und "Was ist Österreich?". Der historische Fokus wird auf die Republiksgeschichte sowie die Zeit des Nationalsozialismus mit einem ständigen Gegenwartsbezug gesetzt. Im Zuge der thematischen Rundgänge werden inhaltliche Anknüpfungspunkte zur Geschichte der Orte und Denkmäler/Gedenkstätten gebildet.
Ziel der Rundgänge ist es, durch die Vermittlung von unterschiedlichen Wissensbereichen außerschulische Bildung an die Lebenswelten der Jugendlichen heranzutragen. Die verschiedenen Arten der Vermittlung zielen auf eine ständige Interaktion mit den RundgangsteilnehmerInnen und auf eine langfristige Wissensvermittlung ab. Ein wichtiger Bestandteil der Rundgänge ist die Herstellung eines Gegenwartsbezugs und die Sensibilisierung für aktuelle Problematiken wie Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus etc. Die Jugendlichen sollen außerdem für Themen wie Demokratiebewusstsein, ein Miteinander und mehr Zivilcourage sensibilisiert werden. Alle Rundgänge beinhalten auch frauenspezifische Fragestellungen. Die Wissensvermittlung wird auf das Interesse und die Zusammensetzung der jeweiligen Gruppe abgestimmt. Die Dauer der Rundgänge ist mit ca. 2 Stunden festgelegt.
Beim Rundgang "Wir sind HeldInnen" beschäftigen wir uns mit dem Begriff "Heldentum". Gemeinsam werden wir Fragen wie "Wer ist ein Held?", "Wer ist eine Heldin?", "Wann ist jemand ein Held?" oder "Wer bestimmt, wer die HeldInnen sind?" auf den Grund gehen. In einer Art "Zeitreise" rund um den Begriff "HeldInnen" werden in diesem Rundgang die unterschiedlichsten Formen der Heldenverehrung bis heute aufgezeigt.
Gerade der Heldenplatz war als eine solche Manifestation der Monarchie angelegt. Von diesem Blickwinkel ausgehend betrachten wir einerseits die Topografie des Ortes, der als imperiales Kaiserforum geplant war, aber so nicht gänzlich umgesetzt werden konnte. Andererseits wird die Geschichte einiger der dargebotenen "Helden" im Hinblick auf ihre Darstellung am Platz und somit auch in der österreichischen Geschichte besprochen. Wir schauen uns an, welche Denkmäler rund um den Heldenplatz platziert worden und welche Heldinnen mit Denkmälern geehrt wurden. Seit wann diese Denkmäler hier stehen und wer diese initiiert hat, ist eine weitere Fragestellung, mit der wir uns im Rahmen dieses Rundgangs auseinandersetzen werden. Denn jede Gruppierung schafft sich ihre eigenen "HeldInnen".
Der Rundgang startet beim Reiterdenkmal Prinz Eugens am Heldenplatz.
Im Mittelpunkt des Rundgangs "Republik und Demokratie" beschäftigen wir uns schwerpunktmäßig mit Demokratie und Mitsprache- und Mitbestimmungsrechten jedes einzelnen. Anhand der Auseinandersetzung mit der österreichischen Vergangenheit (Monarchie, Republik, Austrofaschismus, Nationalsozialismus) wird ein Bogen in die Gegenwart gespannt.
Dabei wird nicht aus den Augen verloren, dass Demokratie keine Konstante darstellt und immer wieder in verschiedenen Zusammenhängen verteidigt bzw. auf andere Menschen/Bereiche ausgedehnt werden muss. Dies soll anhand politischer Kontroversen der vergangenen Jahre gezeigt werden. Durch die Auseinandersetzung mit Fragen wie "Gegen welche Ungerechtigkeiten wurde angekämpft?", "Welche Mittel wurden eingesetzt, um Demokratie und Menschenrechte durchzusetzen?", "Was ist Zivilcourage?", "Was ist ziviler Mut?", "Was ist ziviler Ungehorsam?" sowie anhand von Beispielen von Personen, die Widerstand geleistet haben, soll ein Demokratiebewusstsein in den Lebenswelten der Jugendlichen geschaffen werden.
Der Rundgang "Republik und Demokratie" beginnt am Vorplatz der Votivkirche.
Beim Rundgang "'Wir' und die 'anderen'" beschäftigen wir uns mit der faschistischen Vergangenheit Österreichs (Austrofaschismus und Nationalsozialismus). Dabei wird verstärkt auf die Bildung von Identitäten eingegangen. Welche Ursachen tragen dazu bei, dass sich eine "Wir"-Gruppe über die "Anderen" stellt? Wieso funktioniert die "Sündenbock"-Methode?
Bei diesem Rundgang wird ein besonderer Fokus auf die Zeit des Nationalsozialismus gelegt. Es wird aufgezeigt, wie Ausgrenzung und Diskriminierung passieren und von der Mehrheit der Gesellschaft akzeptiert werden. Mahnmale und Orte auf unserer Route bilden inhaltliche Anknüpfungspunkte, die das Terrorsystem des Nationalsozialismus verdeutlichen. Biographien von Menschen werden erzählt, die zur NS-Zeit von den Nationalsozialisten verfolgt, vertrieben und ermordet wurden bzw. Widerstand leisteten. Welche Mechanismen trugen zur enormen Anhängerschaft der Nationalsozialisten bei? Welche Motive für zivilen Mut gab es in einer Zeit, in der die Mehrheit angepasst lebte?
Der Rundgang erzählt die Geschichte des Nationalsozialismus in Wien an Orten des Geschehens und soll Jugendliche für ein "Nie Wieder" sensibilisieren.
Als Ausgangspunkt dieses Rundgangs ist der Oskar-Morgenstern-Platz/Ecke Berggasse (Rossauerlände) festgelegt.
Im Zuge des Rundgangs "Was ist Österreich?" werden verschiedene Teile des österreichischen Nationalkonstrukts vorgestellt und Kernelemente des Österreich-Bewusstseins sichtbar gemacht. Anhand verschiedener Fragestellungen wie beispielsweise "Was ist österreichische Kultur?", "Was ist ein/e richtige/r ÖsterreicherIn?", "Welchen Stellenwert hat Religion und Politik in der österreichischen Gesellschaft?" und anhand der damit verbundenen Analyse des eigenen Selbstverständnisses werden Ausgangspunkte für eine kritische Auseinandersetzung mit Nationalismus insgesamt entwickelt.
Aktuelle nationalistische Bewegungen beruhen wesentlich auf erfundenen Traditionslinien, mit deren Hilfe die Nation auf eine glorreiche Vergangenheit zurückgeführt wird. Die österreichische Nation ist in diesem Zusammenhang eine vergleichsweise junge Erfindung, die auf die Zwischenkriegszeit zurückgeht. Von breiten Teilen der Bevölkerung wird sie aber erst seit den 1970er-Jahren getragen. Trotzdem ist die österreichische Identität mittlerweile eine der erfolgreichsten nationalen Erzählungen Europas.
Der Ausgangspunkt des Rundgangs ist der U-Bahn-Aufgang am Minoritenplatz.