Wiener Hauptgesundheitsamt
Das Gesundheitsamt und die Rassenhygiene im Dritten Reich
Das ehemalige Palais Hansen ist eines der größten der Wiener Ringstraße, es umfasst einen ganzen Häuserblock. Das Palais wurde im Zuge der Weltausstellung von Theophil Hansen, einem der wichtigsten Ringstraßenarchitekten, von 1870–1873 erbaut. Von ihm stammen unter anderem auch das Parlament, die Börse und das Palais Epstein. In der Ersten Republik wurde das Gebäude von der Gemeinde Wien übernommen und ab 1941 als Amtsgebäude verwendet.
Seit 2013 ist das Gebäude wieder ein Hotel.
"Erbbiologisch minderwertig"
Schon im Jahr 1938 begann der Umbau des Wiener Gesundheitssystems nach dem Vorbild des Deutschen Reiches. Mit den Grundsätzen der Rassenhygiene wollten die Nationalsozialisten bestimmte Bevölkerungsgruppen als "erbbiologisch minderwertig" bzw. "förderungsunwürdig" von Leistungen der Sozial- und Gesundheitsfürsorge ausgrenzen. Die Gesundheitsämter waren verantwortlich für die "erbbiologische Bestandsaufnahme" in Form einer Erbkartei und einer Sippenkartei.
Die gesamte Wiener Bevölkerung wurde nach sogenannten "Minderwertigen" durchkämmt. Die Abteilung "Erb- und Rassenpflege" sammelte alle erreichbaren belastenden Informationen: psychische Erkrankungen, Geschlechtskrankheiten, Prostitution, Alkoholismus, Erbkrankheiten, geistige und körperliche Behinderungen etc.
Mit mehr als 700.000 Karteikarten wuchs die Wiener Erbkartei auf eine der größten im Dritten Reich an. Damit war die systematische Diskriminierung der als "minderwertig" erfassten Personen möglich. Die Folgen für die Betroffenen reichten von verweigerten Sozialleistungen über Zwangsmaßnahmen wie Eheverbot, Sterilisierung oder Internierung in einem Arbeitslager oder Konzentrationslager bis zur Ermordung im Rahmen der Euthanasie.