Michaelerplatz und Michaelerkirche
Der barocke Sternplatz im Zentrum der Stadt wurde Anfang des 18. Jahrhunderts geplant, aber erst Ende des 19. Jahrhunderts fertiggestellt
Seit 1221 gibt die von Leopold VI. gestiftete Pfarrkirche St. Michael dem Platz ihren Namen. Für die heutige Form des Platzes ist der berühmte Barockarchitekt Joseph Emanuel Fischer von Erlach verantwortlich. Doch erst nach dem Abriss des alten Burgtheaters wurde an dieser Stelle 1889–1893 das Michaelertor gebaut.
Bemerkenswerte Architektur am Michaelerplatz
Das Palais Herberstein passt sich als neubarockes Zinspalais dem Michaelertrakt an. Das gegenüberliegende Looshaus repräsentiert ganz entschieden die Moderne. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Adolf Loos errichtet und war seinerzeit heftig umstritten. Das Große und das Kleine Michaelerhaus führen zur Michaelerkirche. Die im 13. Jahrhundert erbaute Michaelerkirche gehört zu den ältesten Kirchen Wiens. Sie wurde im 15. und 16. Jahrhundert umgebaut und im 17. Jahrhundert barockisiert. In der Gruft wurden im Lauf der Zeit etwa viertausend reiche Bürger:innen und Adelige bestattet. Aufgrund der besonderen klimatischen Verhältnisse verwesen die Leichen nicht.
Alte und neue Feindbilder des Katholizismus
Geweiht ist die Kirche dem Erzengel Michael. Die Turmkapelle steht im Zeichen des zentralen Kultes der Gegenreformation, dem Marienkult. Dieser wendete sich zunächst gegen die Protestant:innen, im Barock kamen noch andere "Feinde" hinzu: Türken und Juden. Das neue Feindbild im Austrofaschismus war die Arbeiter:innenbewegung.
Nach dem misslungenen Attentat eines Nationalsozialisten auf den Diktator Engelbert Dollfuß am 3. Oktober 1933 wurde hier eine Marienstatue für die Rettung des Kanzlers gestiftet. Nach dem Tod Dollfuß‘ im Zuge des Juliputsches der Nationalsozialisten 1934 wurde ein Relief des Getöteten für die Kapelle angefertigt: Symbolisch wird Österreich nun von Maria und Dollfuß beschützt.
Nach 1945 errichtete hier die ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten – vor allem Funktionäre des Austrofaschismus – eine Kopie des Dachau-Kreuzes in Erinnerung an ihre im KZ getöteten Leidensgenossen.